Verluste und harte Maßnahmen
Nach Westwing: Auch Made.com muss sparen
Vor gut einem Jahr, im Juni 2021, hatte Made.com noch einen Börsenwert von 775 Mio Pfund. Anfang dieser Woche betrug die Marktkapitalisierung des britischen Online-Möbelhändlers nur noch 151 Mio Pfund. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, ist der Aktienkurs in diesem Jahr um 72 Prozent gefallen. Diesen Dienstag hat Made.com seine Verkaufs- und Umsatzprognosen für das Jahr 2022 drastisch verringert. Der Bruttoumsatz im ersten Halbjahr ging im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2021 um 19 Prozent zurück. Da das britische Verbrauchervertrauen auf einem Rekordtief dahinpendelt, und die Inflation im Pfund-Raum bei mehr als 9 Prozent liegt, erwarte man kurzfristig keine Verbesserung. Stattdessen prognostiziert die Gruppe einen Rückgang des Bruttoumsatzes um 15 bis 30 Prozent für das Gesamtjahr. Zuvor hatte der Händler mit einem Rückgang von bis zu 15 Prozent kalkuliert. Entsprechend wurde auch der für dieses Jahr vorhergesagte Verlust – die Erwartungen lagen bei 15 bis 35 Mio Pfund – angepasst. Nun rechnet Made.com mit einem Verlust von 50 bis 70 Mio Pfund.
Das Rezept? CEO Nicola Thompson sagte Reuters zufolge, das Unternehmen werde versuchen, die Kosten zu senken und seine Bilanz zu stärken, „um durch die zweifellos weiterhin herausfordernden Bedingungen zu navigieren“. Noch vor wenigen Monaten hatte die Finanzlage anders ausgesehen: Anfang Januar hatte Made.com seinen Bruttoumsatz für 2021 veröffentlicht. Die Zahlen zeigten damals im Zwei-Jahres-Vergleich 79 Prozent gestiegene Umsätze. Damals hatte noch Gründer und CEO Philippe Chainieux sie vorgestellt – im Februar trat Chainieux vom CEO-Posten „aus familiären Gründen“ zurück und die damalige COO Thompson übernahm. Thompson, eine ehemalige Managerin des Online-Modehändlers Asos, ist seit Herbst 2019 bei Made.com. Mehr Kunden und ein höherer Durchschnittsbon waren damals die Gründe für die Aufwärtsentwicklung gewesen.
Die Lage bei Made.com ist keine Ausnahme. Einige Onliner sind unter Druck, einige auch stark. Von Westwing gabs mittlerweile auch einen offiziellen Kommentar für INSIDE zum Stellenabbau, der Ende Juni durchgezogen wurde. Westwing dazu: „Als wir im vergangenen Jahr unsere Prognosen für 2022 aufgestellt haben, konnten wir die Veränderungen in der Welt nicht vorhersehen. Seitdem herrscht ein tragischer Krieg in der Ukraine, die Verbraucherstimmung hat sich negativ verändert, wir erleben eine Inflation und zudem einen volatilen Aktienmarkt. Da unsere positiven Marktprognosen nicht wie geplant erreicht wurden, sind wir mit einem Personalüberschuss und einer Anpassung unserer Kostenstruktur konfrontiert. Wir bedauern zutiefst, dass etwa 3,75 Prozent unserer Kollegen und Kolleginnen in verschiedenen Bereichen des Unternehmens hiervon betroffen sind.“