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Fünf Jahre nach der Übergabe

Mit ganz viel Amore

25.06.2025 | 13:54
„Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel“: Nils Holger Moormann, Kristina Münnix, Christian Knorst

Wer in München durchs Gärtnerplatzviertel flaniert, also ganz nahe am Viktualienmarkt, der entdeckt vielleicht zwischen Theater, hippem Café und Nachtleben den Showroom des Aschauer Labels Nils Holger Moormann. Einem Unwissenden muss der ungewöhnliche Möbel-Shop gar nicht mal wirklich auffallen, denn er liegt da sehr unscheinbar in der Baaderstraße. Ein kleiner Aufsteller vor der Türe, eine Bank als kleine Einladung zum Sitzen – und fertig ist die Laube.

Das ist auch gewollt, denn es sind vor allem Fans, die der „Möbel Salone München“, so steht es außen dran, anziehen soll, der sich direkt im Herzen seiner Zielgruppe niedergelassen hat: In einem Viertel, das vor allem junge Kreative und kulturbegeisterte Akademiker beheimatet. Die meisten Besucher kennen die Firma bereits, besitzen vielleicht selbst das eine oder andere Stück, identifizieren sich mit dem Stil des Unternehmens.

Robert Christof, der Marketing-Stratege, kam selbst als Fan in die Firma, nachdem er über zwanzig Jahre in verschiedenen Werbe- und Designagenturen tätig war. Er trägt Basecap und Bomberjacke mit einer weiten Jeans. In dem hellen Raum, der ein paar ausgewählte Moormann-Möbel präsentiert, arbeitet Christof an einem Sekretär, der eigentlich auch ein Ausstellungsstück ist.

Unaufgeregt, mit einem durchaus kaufmännischen Plauderton, empfängt er interessierte Besucher. „Wir machen hier auch Möbel­ausstellungen mit befreundeten Künstlern oder Möbeldesignern“, berichtet der Moormann-Mann. Erst Ende Mai fand hier eine Veranstaltung statt, eine Kollaboration mit einer Wiener Galerie im Rahmen der Munich Creative Business Week, von der heute nur noch ein paar fußballförmige Vasen in einem der Designregale zeugen. Die Ausstellung hat vor allem in den Kellerräumen stattgefunden, die sich unter dem kleinen Showroom erstrecken. Die Installation ist wie die Möbel selbst: reduziert, geradlinig und ohne Schnörkel.

Bis die Moormann-Produkte hier im Showroom ausgestellt werden, ist es ein weiter Weg, der oft mit einer E-Mail beginnt: Junge Kreative können bei Moormann ihre Entwürfe einreichen, die das Moormann-Team am Firmensitz in Aschau im Chiemgau dann alle paar Wochen begutachtet. Haben die Moormann-Kreativen unter den jährlich rund 300 Einsendungen was Passendes gefunden, beginnt der Entwicklungsprozess. Bis Design, Funk­tion, Produktion und Kalkulation zusammenpassen, kann es dann gerne mal ein bis zwei Jahre dauern.

Im Marketing setzt die Firma auf eine klare Bildsprache, arbeitet wenig mit Text, sondern lieber mit absurden und ulkigen Beiträgen, die ein humorvolles und eigensinniges Publikum anziehen. Werben mit Rabatten oder „schnellen Klicks“ gibt’s hier bei Moormann nicht. Man müsse nicht überall auf Social Media präsent sein, sondern lieber ausgewählt und überlegt agieren, sagt Kreativmann Christof. Im vergangenen Jahr kamen aus dem Inneren des Möbel-Labels Moormann dann auch nur vier Instagram-Posts, von denen wiederum nur einer überhaupt ein Moormann-Möbel zeigte. Für ein international bekanntes Design-Label, was Moormann ja nicht nur sein will, sondern auch ist, ist das tatsächlich eher ungewöhnlich.

Mit dem Ziel, anders sein zu wollen, hat Nils Holger Moormann einst das Unternehmen gegründet. Moormann hat immer die schräge und eigenwillige Nische gesucht, den Witz, die Komik im Möbel, hat sich selbst als gebürtiger Stuttgarter im Herzen von Bayern niedergelassen, von dort seinen Unikum-Status gepflegt – und zusammen mit seiner Frau Silke Moormann ein komplett unverwechselbares Label geformt, das Formen und Materialien anders zusammensetzte als andere.

2020 hat Moormann dann übergeben, an eine neu gegründete Möbeldesign Aschau GmbH, hinter der das Family Office Emendo der Geschwister Kristina Münnix und Christian Knorst steht. Moormann selbst arbeitet nur noch projektbezogen. Seiner Firma ist der Gründer nach wie vor freundschaftlich verbunden. Zum Abschied rief er ihr damals hinterher: „Natürlich wünsche ich der Nils Holger Moormann GmbH und ihren Partnern auch für die Zukunft stets guten Wind und eine Handbreit Wasser unterm Kiel.“ 

Moormann habe sich seitdem konsequent weiterentwickelt, sagt Marketing-Chef Christof, betont aber, dass man die Werte des Gründers nach wie vor wirklich und gnadenlos hochhalte. Das 34-köpfige Team arbeitet wie eh und je auf unkonventionelle Weise an Produkten im eigenen Moormann-Style. Viel herausfordernder seien dagegen die Marktveränderungen gewesen, die seit ein paar Jahren die ganze Branche aufrühren. 

Salone di Aschau im Netz

Moormann reagiert darauf mit der eigenen Online-Plattform Salone di Aschau (www.salonediaschau.de), die neben neuen Möbeln auch solche anbietet, die die Firma zurückgekauft und aufbereitet hat, um sie als zweite Wahl wieder zu vertreiben. Außerdem finden sich hier auch immer wieder Einzelstücke von befreundeten Künstlern und Designern. „Die Sonderkollektion mit Amore“ läuft im Ticker auf der Seite durch.

Außerdem haben sie sich bei Moormann in den letzten Jahren viel mehr um das Marketing gekümmert: um Kampagnen, Ausstellungen, ein eigenes Festival auf dem Firmengelände in Aschau wurde hochgezogen. Und im Hintergrund arbeitet das Kreativteam des Labels natürlich stetig an neuen Projekten.

Vor einigen Wochen hat ein lang erarbeitetes Produkt den Weg in die Welt geschafft. Das hängende, modulare Regalsystem Liesl, für dessen Markteinführung rund um den Salone in Mailand Moormann erstmals mit einer Agentur zusammengearbeitet hat, war seit über drei Jahren in Entwicklung und erzielt jetzt steigende Umsätze. Die Macher sind zufrieden. So kann das Team mit neuem Schwung in die weiteren geplanten Veröffentlichungen reinstarten. Hier ist vor allem Materialität im Fokus: zwei Moormann-Klassiker werden gerade neu erfunden und bekommen neue Werkstoffe verpasst. Man wolle weg von pulverbeschichteten Platten. Auch zwei neue Möbelstücke sollen bald auf den Markt kommen. Außerdem wollen sich die Gestalter wieder vermehrt mit dem Thema Licht und Leuchten auseinandersetzen.

Vielleicht gibt zu den neuen Themen dann auch ein paar mehr Posts auf Social Media. Vielleicht ist das den Moormann-Leuten aber auch zu langweilig und sie denken sich wieder eine neue, verrückte Kampagne aus, die schräg genug ist, um zu Moormann zu passen. 

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