Best of INSIDE Spezial Neue Ideen: Rom
„Nichts ist trauriger als heikle Generationenübergänge“
Ein Sofahersteller, eine Tisch- und Stuhlproduzentin, eine Möbelhändlerin, ein Möbelmarkt-Berater und die nächste Generation, die nicht nur mit den Hufen scharrt, sondern auch an mehreren Fronten bereits Verantwortung trägt. Noch ist nicht die Zeit für den Generationenübergang gekommen. Momentan wird „smooth“ alles eingeleitet, beim Sofaspezialisten Rom mit Zentrale in Eupen. Allzu lange wird es aber nicht mehr dauern. Die Familie Rom aus Belgien ist eine Bilderbuch-Möbel-Familie. Wir haben drei von ihnen zusammengetrommelt. War ein Ding, aber ein sehr aufregendes. Wie kommt es, dass die Familie so stark in der Branche verwurzelt ist? Kracht es auch mal? Was sind die Themen, die alle umtreiben? Was sind die Streitthemen? Beim Gespräch dabei war Paul Rom, Chef von 900 Mitarbeitern bei der Rom AG. Zusammen erwirtschaften sie einen Umsatz von rund 70 Mio Euro. Zeit genommen hat sich Caroline Rom, Pauls jüngste Schwester und verbandsfreie Möbelhauschefin. Sie verantwortet einen Jahresumsatz von knapp 9 Mio Euro. Caroline ist Chefin von 30 Mitarbeitern. Und mittendrin war Stephan Rom, Pauls Sohn und Anschieber des Sofa-Start-ups Sensoo. Ein Gespräch über Mut, Familiendynamik, den geschäftlichen Alltag und Erneuerung (Interview aus dem INSIDE Spezial Neue Ideen im Januar 2023).
INSIDE: Caroline Rom, Sie sind Möbelhändlerin, Ihre Geschwister sind Möbelhersteller. Hersteller und Händler haben oft unterschiedliche Interessen. Kracht es auch manchmal?
Caroline Rom: Wir kommen uns im weitesten Sinne beruflich überhaupt nicht in die Quere. Wenn ich bei Rom für mein Möbelgeschäft Villa Romana Möbel bestelle, habe ich nicht mit Paul zu tun. Ich bekomme allerdings gute Konditionen von meinem Bruder. Ich war heute den ganzen Tag mit meiner Schwester Anne unterwegs und es ging nicht um Stühle oder Tische. Es ist richtig interessant, sich auszutauschen. Über Bücher, Menschen- und Mitarbeiterführung. Für mich ist das sehr bereichernd.
Familie Rom ist in allen Segmenten der Möbelbranche aktiv. Wie ist das gekommen, eine Familie, eine Branche, auf so vielen verschiedenen Feldern aktiv?
Paul Rom: Unsere Eltern haben 1961 angefangen, Möbel zu produzieren. Sie haben uns das Thema wirklich zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendessen eingeflößt. Das scheint durchaus Wirkung gehabt zu haben. Wir sind ja insgesamt vier Geschwister. Ich habe noch einen älteren Bruder, Edgar ist Berater für Sourcing-Fragen im Möbelbereich. Anne, meine ältere Schwester, hat Mobitec weiterentwickelt. Caroline, unser Nesthäkchen, hat wie schon erwähnt ein Möbelgeschäft. Ich kümmere mich um Rom. Niemand macht dasselbe. Wir treten uns nicht auf die Füße. Insgesamt ist das Ganze komplementär, wenn auch gleichzeitig strukturell absolut unabhängig.
Weihnachten ist jetzt schon ein paar Wochen vorbei. Aber wie kann man sich Weihnachten oder ein anders Familienfest bei Ihnen vorstellen? Ist das Möbelbusiness Dauerthema am Tisch oder schaltet Familie Rom den Möbelsender auch mal ab?
P.R.: Weihnachten ist immer schwierig. Meine Mutter legte immer großen Wert darauf, dass wir die Möbelthemen aus dem Weihnachtsfest heraushalten. Zum Glück war sie eine dominante Frau und so hat das dann meistens auch ganz gut geklappt. Meistens. Aber klar, es ist für uns alle schwierig, nicht über Möbel zu reden.
Gibt es noch weitere unternehmerische Aktivitäten außerhalb der Möbelbranche?
P.R.: Für uns gibt es nur Möbel.
C.R.: Wir lieben die Möbelwelt. Das muss ich ehrlich sagen. Manchmal werde ich gefragt: Wie wäre so ein klassischer Arbeitstag mit acht Stunden? Oder: Genieße doch mal das Leben mehr. Meine Antwort darauf lautet: Ich genieße das Leben jeden Tag. Meine Kunden zu treffen und unternehmerisch tätig zu sein. Dass Probleme mit dazugehören, das ist irgendwo normal.
Stephan, Sie sind die nächste Generation. Wollten Sie schon immer in die Fußstapfen Ihres Vaters treten?
Stephan Rom: Immer ist sicherlich übertrieben. Ich war sehr früh bei den Messen mit dabei und wurde ständig mit Möbeln konfrontiert. Opa, Oma, mein Vater, meine Tanten, alle Onkel: Es drehte sich immer alles um Möbel. Natürlich wird man dadurch beeinflusst. Aber ich habe mir nicht als Zehnjähriger gesagt, ich will unbedingt in die Möbelbranche, auch wenn ich irgendwie immer schon mittendrin war.
Caroline Rom, auch Sie waren immer schon mittendrin. Doch Sie hatten ja auch schon mal ein Berufsleben abseits der Branche.
C.R.: Richtig. Ich komme ursprünglich nicht aus der Möbelwelt. Ich war in der Architektur und im Baugeschäft tätig. Ich bin nicht die Organisierteste in der Familie. Ich bin eher ein kreativer Typ und ich wäre nicht die Richtige, um etwas zu produzieren. Nach der Geburt meines zweiten Sohnes war ich ein Jahr zu Hause und habe die Gelegenheit genutzt. Ich habe damals viel nachgedacht. Als ich wieder ins Berufsleben eingestiegen bin, habe ich den Beruf gewechselt.
Heute sind Sie Möbelhändlerin.
C.R.: Ja, in der Zeit, als ich sehr viel zu Hause war, habe ich gesehen, dass es viele Dinge gibt, die man schöner machen könnte. Seitdem habe ich große Freude daran, unterschiedliche Mentalitäten kennenzulernen und mit unterschiedlichen Leuten Gespräche zu führen. Während Corona habe ich dann die Gelegenheit genutzt, parallel einen Webshop zu starten, der uns sehr viele Möglichkeiten gegeben hat. Es ist toll, die Möglichkeit zu haben, über einen Webshop Leute aus unterschiedlichen Ländern zu erreichen. Unter anderem aus Frankreich. Oder auch aus Deutschland.
Worauf haben Sie sich mit Ihrem Shop spezialisiert?
C.R.: Wir wollen uns sehr stark auf belgische Produkte fokussieren und auf unsere belgischen Wurzeln. Diese Nische wollen wir besetzen.
Wie schaut in Ihren Augen der Möbelhandel der Zukunft aus?
C.R.: Ich sehe tatsächlich nicht, dass die Fläche immer größer wird, sondern dass der Kunde je nach Möbelhaus spezielle Dinge findet, die dieses Möbelhaus besonders gut kann. Jedes Möbelhaus hat die Chance, sich eine Nische auszusuchen, statt sich gegenseitig kleinzumachen. Mit 95 Prozent aller Möbelgeschäfte, die in der Gegend sind, kann man teilweise kollaborieren. Ein Beispiel: Sollten wir einen recht anspruchsvollen Kunden im Haus haben, mit speziellen Wünschen, dann arbeiten wir auch mit anderen Möbelhändlern zusammen, um die Wünsche zu erfüllen. So gerade geschehen in Portugal. Die Kunden freuen sich, wenn man mit vier Monteuren anreist, die die ganze Wohnung einrichten, und viel über alles spricht. Aber manchmal möchten die Kunden Dinge, die wir nicht haben. Dann suchen wir nach Partnern. Was ich nicht schlecht finde, gerade wenn man kein riesiges Haus ist. In neunzig Prozent der Fälle funktioniert das gut.
Sie haben uns vorhin erzählt, Sie hätten früher in der Bauwirtschaft gearbeitet. Können Sie die Baubranche und die Möbelbranche vergleichen?
C.R.: Ich bin heilfroh, dass ich im Möbelbusiness bin. Das Baugeschäft ist eine sehr nüchterne Sache. Als Bauunternehmer stehst du alleine da. Wenn man ein Problem hatte, dann hieß es: Das hast du gemacht. Sieh zu, wie du damit fertig wirst. Die Kunden in der Baubranche waren viel aggressiver.
Wie sind die Möbelhauskunden?
C.R.: Die habe ich als viel entspannter und kompromissbereiter kennengelernt. Ich habe das Gefühl, man kann jedes Problem gemeinsam mit dem Kunden angehen. Es freut mich zudem sehr, dass man die Hersteller als Partner hat. Neunzig Prozent der Hersteller, mit denen wir zu tun hatten, haben uns bei Problemen geholfen. Im schlimmsten Fall holt man das Sofa zurück und es wird ein anderer damit glücklich.
Hin und wieder knallt es aber auch zwischen Industrie und Handel und es gibt ordentlich Stress.
C.R.: Wir haben Glück gehabt. Es gibt auch immer ein paar schwarze Schafe, die sich nicht an Abmachungen halten. Aus Sicht einer Möbelhändlerin habe ich speziell die belgischen Hersteller als extrem angenehme Lieferanten kennengelernt.
Herr Rom, Sie führen die Firma Rom in zweiter Generation. Ihre Eltern haben die Firma 1961 gegründet. Der Markt ist im strukturellen Wandel, seit vielen Jahren. In Belgien wie in Deutschland. Wo liegen die Unterschiede in den beiden Märkten?
P.R.: In Belgien verändern sich die Dinge vielleicht ein wenig schneller als in Deutschland. Wir müssen hier schneller unterwegs sein und haben Zeit, Lösungen für Deutschland vorzubereiten. In Belgien wollen Händler trotz kleinerer Flächen oft ein maximal breites Sortiment anbieten. Dadurch entsteht eine große Offenheit auch für Randgebiete. In Deutschland konzentriert sich aus unserer Sicht der Markt stärker auf den Mainstream.
Wir haben mit Ihrer Schwester über Kunden im Möbelhaus gesprochen. Aus der Sicht eines Herstellers: Wie verändern sich die Kunden?
P.R.: Was ich sehe, ist insgesamt, dass die Leistungsbereitschaft der Menschen in der Arbeitswelt nicht unbedingt steigt. Die Leistungserwartung, also die Erwartung an Leistungen, die mir gegenüber erbracht werden, die steigt schon. Da tut sich eine Kluft auf und jeder muss sich überlegen, wie er mit dieser Kluft umgehen will. Aus meiner Perspektive ist die Kluft am besten mit Innovationen aus der digitalen Welt zu schließen.
Können Sie das genauer erklären?
P.R.: Das eine ist die Digitalisierung unserer Firma. Wie stark sind die digitalen Tools, mit denen wir unsere Arbeit verrichten. Das andere ist die Digitalisierung unseres Geschäftsmodells. Die Digitalisierung der Firma ist für uns wichtig, weil unsere Produkte immer mehr können. Indem unsere Produkte immer mehr können, aber nicht unbedingt mehr kosten, gibt es eine immer größere Komplexität im Unternehmen. Um diese Komplexität zu beherrschen, brauchen wir ein enorm hohes Maß an Digitalisierung.
Woran denken Sie, wenn Sie über die Digitalisierung des Geschäftsmodells sprechen?
P.R.: Es stellt sich die Frage, wie weit hilft uns Digitalisierung, eine bessere Beziehung zu den Kunden aufbauen zu können? Informationen schneller fließen zu lassen? Austausch hinzubekommen zwischen Endkunde, Handel und Industrie? Ohne unsere iPad-Lösung, die seit 2011 am Markt ist, wären unsere Produkte gar nicht mehr zu verkaufen. Viele Leute meinen, wir hätten damals die Geschichte mit dem iPad angefangen, weil es nett ist, Bildchen von Sofas zu zeigen. Aber die Wahrheit ist, dass wir das gemacht haben, weil wir gesehen haben, dass ab einem gewissen Grad von Komplexität des Produktes es unglaublich schwierig ist, während des Verkaufsprozesses überhaupt noch klarzukommen und dem Kunden ein tolles Angebot zu machen, das ihn in seiner Lebenswelt begeistert.
Heute gibt es ja viele Insellösungen und digitale Instrumente ohne Ende.
P.R.: Ja. Wir setzen allerdings weiterhin Jahr für Jahr viel Entwicklungsenergie in unsere iPad-Lösung und entlasten so den Verkäufer während des Verkaufsprozesses. Wir wollen den Verkäufer unterstützen und Argumentationshilfen liefern. Welches Bildmaterial, welches Videomaterial können wir liefern und zur Verfügung stellen? Wie teuer wird das Sofa? Welche hilfreichen Informationen über Prozesse im Betrieb können wir dem Verkäufer über das Programm zeigen? Neuerdings zeigt unser Konfigurator für jede Konfiguration dynamisch einen Liefertermin an und berücksichtigt dabei Materialbestände und Produktionskapazitäten. Das sind Dinge, die Sie ohne ein zentrales digitales Hilfsmittel für den Verkäufer gar nicht hinbekommen. Das hat sich unheimlich gut bewährt.
Würden Sie sagen, Rom ist weiterhin digitaler Vorreiter?
P.R.: Ja, das glaube ich schon. Ob das so ist, weil wir experimentierfreudig sind oder weil viele andere vielleicht weniger experimentierfreudig sind, das weiß ich nicht. Was uns fasziniert: Digitale Lösungen bringen der Möbelwelt viele Möglichkeiten. Wir stellen superanaloge Gegenstände her. Auf den ersten Blick denkt man sich, wenn die Gegenstände gut gebaut sind, dann ist alles gut. Wir haben einfach gelernt, wie toll es ist, wenn wir die Gegenstände mit einem digitalen Umfeld ausstatten. Gut für uns, gut für die Händler, gut für die Verbraucher.
C.R.: Als Händlerin kann ich sagen: Die Erwartungshaltung vom Endverbraucher ist heute relativ groß. Die Kunden sind top informiert und haben über das Internet viel recherchiert. Wenn wir den Kunden dann mit einem Kritzelblock begegnen und nicht wirklich einen Mehrwert bieten können im Geschäft, dann ist es sehr schwer, sie zu begeistern.
Stephan, Sie erwähnten, dass Sie ja von Anfang an irgendwie immer mittendrin gewesen sind. Mittendrin in der Branche. Wann haben Sie sich denn entschlossen, wirklich einzusteigen?
S.R.: Ich glaube, ich war 15 Jahre alt. Ich habe viel Zeit auf Messen verbracht. Das hat mir sehr gut gefallen.
Das war ja dann doch schon sehr früh.
P.R.: Ich habe überhaupt nicht erwartet, dass mein Sohn diesen Weg geht. Zu meiner Zeit war das noch anders. Meine Eltern haben erwartet, dass ich diesen Weg gehe. Ich glaube, wenn man so etwas heute machen will, dann muss man das mit einer enormen Leidenschaft machen. Anders geht das gar nicht. Die Leidenschaft kann ich als Vater nicht voraussetzen. Oder aufzwingen. Ich bin sehr froh, dass Stephan mit voller Energie und Leidenschaft dabei ist und wir eine Generationenperspektive bei uns im Unternehmen haben. Denn ich finde nichts gefährlicher und nichts trauriger als missliche Generationenübergänge.
Wann soll es denn so weit sein?
P.R.: Wir machen das sehr smooth über viele Jahre. Ich habe ja glücklicherweise ein paar Jobs hier in der Firma und die werde ich Stück für Stück in einem Rhythmus, der uns angenehm und sinnvoll erscheint, abgeben. Ich bin wirklich sehr froh über die Zusammenarbeit und auch darüber, dass Stefan aktuell etwas macht, das ein Stück weit weg von der Rom-Gründeridee ist.
Sie sprechen sicherlich die neue D2C-Marke Sensoo an (INSIDE 1142). Hier sind Sie, Stephan, verantwortlich. Auf der Website steht: Persönlich haftender Gesellschafter: Stephan Rom.
S.R.: So ist es.
Wie ist die Sensoo-Idee entstanden?
S.R.: Wir haben uns die Frage gestellt, was erwartet der jüngere Kunde von einem Sofa? Was erwartet der jüngere Kunde vom Verkaufsprozess seines Sofas? So haben wir angefangen. Aber die Idee dann in ein Produkt umzuwandeln mit allem, was dazugehört, von der Produktion bis zur Logistik, das hat gedauert. Es waren viele in der Firma involviert.
Eine Frage direkt an Sie, Herr Paul Rom, Sie hatten ja sicherlich auch ein Wörtchen mitzureden. Wie viel Überzeugungsarbeit musste Ihr Sohn leisten, damit sie dem Projekt zustimmen?
P.R.: Ich finde das absolut richtig, dass Stephan das macht. Erstens: Dort findet im Kleinen alles statt, was bei Rom in einem größeren Umfeld ebenfalls stattfindet. Zweitens: Dazu braucht man eine neue und jüngere Denke. Drittens: Es steckt in dem Bereich sehr viel Potenzial. Ich bin froh, dass sich jemand um dieses kleine Pflänzchen intensiv kümmert. Was ich nie gedacht hätte, ist, dass zwischen uns ein so geringes Maß an Generationskonflikten existiert. Wenn ich an die Zusammenarbeit mit meinen Eltern zurückdenke, muss ich sagen: Da hat es schon deutlich öfter geknallt.
Weil damals mehr Konfliktpotenzial zwischen Eltern und Kindern bestand über die Fragen, was im Geschäft richtig oder falsch ist?
P.R.: Ja, unvergleichlich mehr.
Trotz Gegenwind aus dem Handel: Sind Sie von Sensoo überzeugt?
P.R.: Wir hier sind alle von Sensoo überzeugt.
Sensoo ist „die jüngste Tochter“ von Rom. Sie verkaufen auf sensoo.com Sofas direkt an den Endkunden. Das ist jetzt nicht üblich. Wie wurde das aus Ihrer Sicht von den Handelspartnern aufgenommen?
S.R.: Das ist ja absolut nichts Neues. Das gibt es schon seit Jahrzehnten. Für die deutsche Möbelindustrie und den Möbelhandel mag es ungewohnt sein, wenn ein Hersteller direkt an Endkunden verkauft. Das ist eine Gewöhnungssache, da muss man eine gewisse Offenheit mitbringen und wir sehen für alle Beteiligten große Vorteile.
P.R.: Was wichtig ist: Sensoo ist als Omnichannel-Produkt gedacht. Die Grundidee ist nicht, der Möbelhandel ist überflüssig, sondern die Grundidee ist, lasst uns schauen, wo die Touchpoints der Möbelkäufer sind, und lasst uns schauen, wie wir die Leute dort abholen können. Sensoo.com ist einer davon. Nicht mehr, nicht weniger.
S.R.: Sensoo ist nicht rein B2C, sondern auch eine Marke für den Händler, der Lust auf sie hat. Wir suchen Händler, die offen sind. Wenn jemand denkt, das soll nicht so gemacht werden, weil es nie so gemacht wurde, mit dem werden wir nie Spaß haben.
C.R.: Wenn ich da ganz kurz von der Händlerseite einhaken darf?
Sehr gerne.
C.R.: Wenn der Handel es nicht schafft, ein Plus für den Endkunden zu kreieren, was ist dann noch seine Rolle? Wenn der Handel es nicht schafft, eine besondere Beratung, das gewissen Etwas während des Verkaufsprozesses hinzuzufügen, also etwas, was der Fabrikant nicht kann, dann gäbe es gar keine Daseinsberechtigung mehr für den Handel.
Wie läuft es aktuell bei Sensoo, Stephan? Wie ist die aktuelle Lage in Deutschland? Wie ist sie in anderen Ländern, in denen Sie aktiv sind mit Sensoo?
S.R.: Wir sind sehr zufrieden mit dem Wachstum, vor allem im letzten Quartal hat es einen guten Schub gegeben und der setzt sich im Januar fort. Wir haben dieses Jahr ein paar aufregende Projekte geplant und sind zuversichtlich.
Was steht denn an?
S.R.: Wir entwickeln neue Produkte, arbeiten an einem breiteren Sortiment. Auf der Messe in Brüssel haben wir zwei Sofas ausgestellt. Ende des Jahres wollen wir fünf verschiedene Sofamodelle im Programm haben. Wir werden besser kommunizieren und auf die Ausweitung des B2B-Vertriebsnetzwerks setzen. Zusätzlich, so der Plan, werden wir in neue Länder gehen. Das sind die Kernthemen, die dieses Jahr anstehen.
In welchen Ländern ist ein neuer Aufschlag geplant?
S.R.: In den Benelux-Ländern und Frankreich.
Als zukünftiger Rom-Chef: Welche Ideen haben Sie fürs Möbelgeschäft der Zukunft?
S.R.: Das ist die Frage der Fragen. Gerade konzentriere ich mich stark auf Sensoo. In gewisser Weise lerne ich die Möbelwelt immer noch kennen. Ich muss erst einmal diese vielen verschiedenen Aspekte eines Möbelproduzenten verstehen. Schritt für Schritt werden meinen Erfahrungen mir ein immer klareres Bild der Zukunft malen. Ich bin deswegen sehr daran interessiert, Sensoo nach vorne zu treiben und mich jetzt erst einmal nicht um die Zukunft in dreißig Jahren zu kümmern.
Also im Moment leben.
S.R.: Sagen wir im Moment leben und drei weitere Jahre im Fokus haben.
P.R.: Eine nochmal größere Rolle für Rom wird das Thema Qualität spielen in Zukunft. Spielt es bereits heute. Qualität ist im jetzigen Möbelgeschehen ein essentielles Thema, aber bei einer sterneverwöhnten, online-erfahrenen Käuferschaft wird es immer wichtiger. Das ist ein Thema, dem sich die Industrie und ebenfalls unsere Partner im Handel stellen müssen. Was uns Spaß macht, ist etwas, das in unserer Kultur in Belgien sehr vital und präsent ist: Die Lust auf die Veränderung und dass man sich die Möglichkeit auch schenkt im Alltag, Veränderungen wirklich anzugehen.
Zum Abschluss eine hinterhältige Frage in die große Runde: Mit wem würden Sie gerne einen Tag tauschen – in der Familie?
P.R.: Das ist einfach. Ich würde sofort mit meiner Schwester Caroline einmal eine Job-Rotation machen. Das würde mir Spaß machen. Für uns Hersteller gibt es nichts Wichtigeres und gleichzeitig Schwierigeres, als den Verbraucher wirklich durch und durch zu verstehen.
C.R.: Komm doch einmal eine Woche zu uns, Paul! Ende des Jahres haben wir Platz für dich.
S.R.: Ich glaube, ich würde auch am liebsten zu meiner Tante. Da könnte ich am meisten lernen.
C.R.: Jetzt habe ich zwei Bewerbungen bekommen gerade, und das in Zeiten großen Fachkräftemangels. Ihr seid beide herzlich willkommen. Ich bewundere, was mein Bruder und meine Schwester machen. Mir schien das immer unheimlich komplex. So viele Menschen. So viel Technik. Super interessant. Aber ich habe auch extremen Respekt davor. Zur Frage: Ich würde gerne einmal Mäuschen spielen bei einem anderen Händler. Hinter die Fassaden gucken und mithelfen. Schauen, ob es Dinge gibt, von denen ich lernen kann. Der Austausch mit anderen Händlern ist natürlich auch immer sehr spannend. Ach, Sie sehen schon. Ich kann mich nicht entscheiden. Möbel sind einfach zu spannend, auf allen Ebenen.