Gemeinschaftsprojekt
Rotpunkt ganz auf der grünen Linie
Gerade ist die Herbstmesse in Ostwestfalen zu Ende gegangen und als Eindruck blieb: Viele, aber nicht alle Küchenhersteller nehmen das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit ernster als noch vor Jahren. Besonders deutlich war allerdings bei Rotpunkt zu spüren, wie intensiv man sich dort Gedanken macht, wie eine CO2-neutrale Küche tatsächlich aussehen könnte. Ein guter Anlass noch einmal nachzuhaken, wie man sich in Bünde auf das Thema eingestellt hat. Ein Interview mit Rotpunkt-Geschäftsführer Andreas Wagner.
INSIDE: Nachhaltigkeit ist ja bereits seit Langem ein wichtiges Thema bei Rotpunkt, mindestens seit Einführung des BalanceBoard von Pfleiderer. Wie verändert dieses Engagement in Richtung Nachhaltigkeit die Produktion bei Rotpunkt, wie das Unternehmen im Ganzen?
Andreas Wagner: Für uns hat sich unsere ganze Wahrnehmung auch intern verändert. Angefangen bei so einfachen Sachen wie der LED-Beleuchtung, die wir umgestellt haben, über das E-Bike-Thema bis hin zu Aufliegern und den LKW, die wir regelmäßig durchtauschen, damit dort immer die aktuellste Emissionsnorm erfüllt wird. Nur ein kleines Beispiel: Wir haben jetzt wieder einen Auflieger gekauft, einen klassischen Drei-Achs-Auflieger, weil wir damit gebündelte Ware von 40 Tonnen durch die Gegend fahren. In der Vergangenheit liefen alle drei Achsen hinten, egal ob der Auflieger voll beladen oder oder leer war, einfach mit. Jetzt ist es so, dass nur die mittleren Räder laufen, wenn sich kein Gewicht auf dem Auflieger befindet. Damit wird der Rollwiderstand reduziert, genauso wie der Verschleiß. Um solche einfachen Dinge geht es oft.
Die Idee kam von Ihnen?
Die kam von unserem Fuhrparkleiter. Das ist also auch schon in den Köpfen unserer Mitarbeiter angekommen.
Gibt es denn jemanden, der sich speziell um Nachhaltigkeitsaspekte kümmert?
Wir haben vor drei Jahren einen jungen Mann eingestellt, bei dem wir anfangs noch nicht ganz genau wussten, wie wir ihn einsetzen. Auf seinen Schreibtisch kamen immer mehr Dinge, von denen wir aber sagten, da muss sich mal jemand drum kümmern. Da ging es um Themen wie Materialeffizienz oder Energiemanagement, damit wir einfach mal wissen, wo wir da denn stehen. Aber wir haben auch eine Agentur, die uns hilft: Eva. Gerade, wenn wir eine neue Maschine planen, eine neue Säge, eine neue Kantenanlage, sagt diese uns, was wir beachten müssen, wenn wir materialeffizient sein wollen. Oder bei Druckluft-Leckagen: Wir haben im Team Routinen geschaffen, wie wir vorgehen, damit wir diese Leckagen systematisch abstellen. Druckluft ist die teuerste Energie
Also ist das keine One-Man-Show?
Klar, viele Impulse kommen schon durch mich, aber am Ende sind alle mit im Boot.
Hat dieser Impuls in Richtung Nachhaltigkeit mit der Einführung des BalanceBoard bei Ihnen begonnen?
Ja, da begann es. Und ich weiß noch, wie viel Skepsis uns teilweise entgegenschlug. Nach dem Motto: Was haben die denn da für eine komische Spanplatte – mit Mais drinnen? Aber uns ging es nicht ums Greenwashing, wir wollten einfach mal auf unserem kleinen Rotpunkt-Planeten etwas nach vorne bringen.
Und um Ihre Händler natürlich.
Klar, darum geht es ja immer: Dem Händler Merkmale an die Hand geben, damit er sich im Wettbewerb differenzieren kann. Das steht immer im Zentrum. Wir merken daneben auch, wie wir durch unsere grüne Ausrichtung Anfragen für Objekte bekommen, mit denen wir in der Vergangenheit gar nichts zu tun hatten – wie aktuell ein Projekt in Skandinavien. An dieses Projekt sind wir nur gekommen, weil wir FSC-zertifiziert sind.
FSC-Zertifizierungen sind ja gerade in den Auslandsmärkten wichtig. Da ist ja nur logisch, dass Sie mit einem Exportanteil von rund 80 Prozent darauf Wert legen.
Nur leider hört in Deutschland Green Thinking derzeit meist schon mit dem Kauf von Bio-Eiern und Bio-Bananen auf. Die Märkte im Ausland, insbesondere Skandinavien, aber auch die Niederlande und Belgien, haben eine deutlich höhere Affinität zu grünen Themen. Sehen Sie sich doch mal den Anteil an Elektroautos in Norwegen und Schweden im Vergleich zu Deutschland an. Aber auch in Deutschland, gerade in der Premium-Preis-Liga, in der wir uns bewegen, wird das Thema Nachhaltigkeit ein immer wichtigeres Verkaufsargument.
Wie wirken Sie auf die Zulieferer ein?
Wir wollen eine Platte, die der japanischen Formaldehyd-Emissionsklasse F**** entspricht, nicht nur bei Pflei-derer kaufen, sondern beispielsweise auch bei einem Kaindl oder bei einem Egger. Wir brauchen auch da eine gewisse Flexibilität beim Einkauf. Es gibt auch einen Zulieferer von furnierten Fronten, der sich auf unser Drängen hin hat FSC-zertifizieren lassen. Auch unser Lackierer in Ostwestfalen ist mittlerweile FSC-zertifiziert.
Welche Herausforderung stellt denn so eine FSC-Zertifizierung dar?
Wir waren ja in der Vergangenheit PEFC-zertifiziert. Als wir den Schritt unternommen haben, FSC-zertifiziert zu werden, hieß das: Lagertrennung. Es darf also keine Durchmischung von Ware aus beiden Zertifizierungssystemen geben. Maximal schwierig! Und die Auditoren finden jeden kleinen Krümel. Die Erfahrung haben wir auch gemacht. Das betrifft unsere Dokumentation, unsere Materialwirtschaft, unsere Lagerbestände. Die Umstellung hat am Ende auch einen Haufen Geld gekostet. Aber wir wollen – das ist unser Ziel – die grünste Küche liefern.
Aber wie holt man den Händler dabei mit ins Boot?
Da habe ich auch noch keinen finalen Plan. Aber deswegen sind wir noch nicht mit dem Thema fertig. Wir werden uns mal den einen oder anderen Händler raussuchen und gemeinsam überlegen, wie wir das bewerkstelligen, dass der Endkunde eine CO2-neutrale Küche kaufen kann. Und das nicht über irgendwelche Greenwashing-Projekte.
Wann wird es dann die erste CO2-neutrale Küche von Rotpunkt in Skandinavien geben?
Da bin ich selber gespannt. Sie müssen sehen, wie komplex die Zahnräder dafür wie in einem Uhrwerk zusammenarbeiten müssen. Da müssen alle Bereiche einbezogen werden: Speditionen, E-Geräte, gegebenenfalls der Arbeitsplatten-Lieferant. Aber wir haben diesen Weg eingeschlagen und eines kann ich Ihnen versprechen: Wir werden schneller sein als der Rest der Branche.