„Schnelles Denken, langsames Denken“ lautet der Bestseller von Nobelpreisträger Daniel Kahneman. Er zeigt auf, dass Menschen in erster Linie schnell, intuitiv und emotional entscheiden. Das reflektierte, logische und langsame Entscheiden fällt schwerer, weil es aufwändiger ist. Für die Werbung kann man ableiten, dass emotionale Kommunikation einer rein rationalen überlegen ist. Für unternehmerische Entscheidungen ist jedoch langsames Denken von Vorteil. Gerade jetzt in schwierigen Zeiten wird oftmals zu schnell gedacht. Besser wäre, gründlich und überlegt zu agieren.
Die richtigen Stellschrauben erkennen
Das schnelle Denken beginnt mit unzureichenden Entscheidungsgrundlagen. Man freut sich über gute Umsätze, ärgert sich über schlechte. Dass im Moment einfach gutes oder schlechtes Wetter ausschlaggebend war, wird gerne ausgeblendet. Business-Intelligence-Lösungen wie QlikView versorgen das Management auf Knopfdruck mit allen gewünschten Daten. Jedoch sind das in der Regel bloße Einzelwerte, ohne Referenz. Ein neuer Sortimentsbaustein erzielt 5 Prozent Umsatzplus? Super, wenn das übrige Sortiment 5 Prozent verliert. Miserabel, wenn ansonsten der Umsatz 10 Punkte zulegt. Solche Vergleichswerte werden oftmals nicht beachtet.
Man weiß nicht, wie Wettbewerber sich entwickeln. Oder wie man von Kunden bezüglich bestimmter Kriterien bewertet wird. Systematische Marktforschung könnte solche Daten liefern, ist vielen aber zu teuer. Hat man die Referenzwerte, muss man sie in Form längerfristiger Zeitreihen darstellen. Darin kann man relevante Ereignisse, zum Beispiel Werbeaktionen, eintragen und Zusammenhänge erkennen. Nur so erkennt man Trends. Nur so erkennt man die richtigen Stellschrauben für die eigene Strategie.
Sitzt man auf dem besten Rennpferd, das trotz schweren Geläufs dem Wettbewerb überlegen ist? Oder setzt man immer wieder neu auf den schon totgerittenen Gaul? Das macht einen riesigen Unterschied! Deswegen empfehle ich, systematisch relative Zeitreihen-Grafiken zu betrachten. Entscheidungen sollten auf solidem Fundament getroffen werden.
Die Tugenden guten Verkaufens pflegen
Das größte Problem ist schnelles Denken bei der Verkaufsanbahnung. Gute Verkäufer nehmen sich die Zeit, den Bedarf ihrer Kunden zu verstehen, und machen dann ein maßgeschneidertes Angebot. Diese Tugend wird zu oft missachtet. Im Vertrieb reduziert sich das Denken auf „Umsatz machen, verkaufen“. In der Folge beschränkt man sich dann auf kurzfristige, vermeintlich umsatzfördernde Angebote und Rabatte. Dass sich nachhaltiger Erfolg erst dann einstellt, wenn man Kunden Nutzen bietet, wird verdrängt. Super-Sonderangebote oder „Sales“ haben noch nie ein Unternehmen aus einer Umsatzkrise herausgeführt. Schauen wir uns doch Peek & Cloppenburg, Sport Scheck, Praktiker, Baumax und andere an. Wer erinnert sich schon an die Supermärkte, die im gerade gelaufenen Radio-Werbeblock ihre Angebote herausposaunten? Wer reagiert heute noch auf den „Sale“, wenn es doch zu jeder Zeit irgendwo einen gibt und man ohnehin besser im Internet recherchiert?
Wenn man aber von einem Geschäft weiß, dass es für einen das passende Sortiment in guter Qualität zum guten Preis hat sowie den dazu nötigen Service bietet, dann ist es relevant. Deshalb reduzieren gute Verkäufer das Gespräch nicht auf Preis und Rabatt, sondern zeigen, warum ihr Angebot perfekt auf die Bedürfnisse ihrer Kunden passt. Das ist langsames Denken.
Das „Sein“ steht vor dem „Schein“
Generell legt man den Fokus einseitig auf den „Schein“, die Werbung. Die muss es richten. Davor steht aber das „Sein“: Kunden Nutzen bieten. Hierfür sollte man seine Energie verwenden. Was unterscheidet einen vom Wettbewerb? Ist ein Nutzen-Versprechen formuliert? Wie kann man das herausarbeiten? Wie kultivieren? Darauf kommt es an. Erst danach entwickelt man, wie die Werbung es wirksam kommuniziert. Ohne Sein kein Schein.