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Die Zukunft des Möbelhandels (2)

Herz, Bauch, Kopf und Gesäß

Was der Branche Rückenwind verschaffen würde? Wir haben den früheren Hornbach-Marketing-Chef Jürgen Schröcker gefragt, der in vielen Branchen als Berater und Coach tätig ist.

Ein Einwurf von Jürgen Schröcker

09.01.2025 | 12:48
Text

Über den Autor

Als langjähriger ­Marketing-Vorstand der Hornbach-Baumärkte war Jürgen Schröcker für viele spektakuläre Kampagnen verantwortlich. Für Möbel Walther und Poco war Schröcker in der Möbelbranche im Einsatz, bevor er sich als Berater und Coach selbstständig machte. Das ist er nun seit vielen Jahren mit Mandaten bei Unternehmen von 20 Mio Euro bis 20 Mrd Euro Jahresumsatz. 

 

 

Die Nachrichten sind schlecht. Eine Insolvenz jagt die nächste. Die Konsumstimmung ist unterirdisch. Die Zukunftserwartungen sind pessimistisch. Kurzum: Der Branche bläst der Wind ins Gesicht. Was tun? Die gewohnten Rezepte wie Rabatt und Lockvogel-Angebote greifen zu wenig, vor allem nicht nachhaltig. Stärkerer Fokus auf verbesserten Kunden-Nutzen und effektivere Bewerbung würde helfen. Dies ginge mit konzertierten Aktionen anstelle von Einzelmaßnahmen. Das möchte ich mit den Schlagworten Herz, Bauch, Kopf und Gesäß veranschaulichen.

Das Gesäß: Da steckt der Geldbeutel

Schaut man in eine andere Branche, sind Ursachen für mangelnden Verkaufserfolg völlig klar: Kein Wunder, dass Volkswagen mit den Verkaufszahlen von ID.Buzz oder ID.3 unzufrieden ist. Schließlich kosten diese über 10.000 Euro mehr als ein vergleichbarer Multivan oder Golf 8.

Schauen wir ebenso kritisch in unsere Branche: Sind viele Möbel nicht viel zu teuer, selbst bei 44 Prozent Rabatt?

Zumindest bei vielen Männern trägt man am Gesäß den Geldbeutel. Der ist relevant. Für Endkunden, weil ihr Budget begrenzt ist. Für Hersteller und Händler, weil diese Gewinn brauchen. Somit braucht es niedrige Kosten, damit Möbel erschwinglich bleiben und der Betrieb sich rentiert. Personalkosten drücken, im Einkauf härter verhandeln oder aus China zu importieren, das ist zu wenig. Man sollte mehr tun in Industrie und Handel.

Sind die Prozesse schlank genug? Für Branchen-Outsider ist kaum zu verstehen, warum etablierte Marken wie Gutmann (die Dunsthauben) oder Alno pleitegingen. Marken-Stärke hatten beide. Okay, Gutmann war nicht so innovativ wie Bora. Aber hatte Alno viel weniger innovative Produkte als Nobilia? Das Problem muss vielleicht doch anderswo liegen. Vielleicht am zu wenig fokussierten Geschäftskonzept. Sicher aber auch an ineffizienten Prozessen und somit zu hohen Kosten. Und an der Führung. Anderswo tut man viel für „schlanke“ Produktion. In Werken von Toyota, Porsche und anderen sah ich die dafür typischen Merkmale, zum Beispiel Andon-Boards. Und bei Möbeln? Dort, wo ich Einblicke in Fertigung und Logistik hatte, nicht.

Kann man Komplexität reduzieren? Wie effizient ist es, wenn ein Schlafsofa-Hersteller über 30 Modelle anbietet, jeweils optional in 300 Stoffen, mit fünf Lattenrosten, vier Matratzen, mit verschiedenen Fußvarianten und Armteilen zur Wahl und in unterschiedlichen Breiten? Klar ist ein solches Angebot toll. Aber führt das nicht zu hohen Kosten und zu hohen Preisen? Und kann der Handel das überhaupt präsentieren?

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Die Nachrichten sind schlecht. Eine Insolvenz jagt die nächste. Die Konsumstimmung ist unterirdisch. Die Zukunftserwartungen sind pessimistisch. Kurzum: Der Branche bläst der Wind ins Gesicht. Was tun? Die gewohnten Rezepte wie Rabatt und Lockvogel-Angebote greifen zu wenig, vor allem nicht nachhaltig. Stärkerer Fokus auf verbesserten Kunden-Nutzen und effektivere Bewerbung würde helfen. Dies ginge mit konzertierten Aktionen anstelle von Einzelmaßnahmen. Das möchte ich mit den Schlagworten Herz, Bauch, Kopf und Gesäß veranschaulichen.

Das Gesäß: Da steckt der Geldbeutel

Schaut man in eine andere Branche, sind Ursachen für mangelnden Verkaufserfolg völlig klar: Kein Wunder, dass Volkswagen mit den Verkaufszahlen von ID.Buzz oder ID.3 unzufrieden ist. Schließlich kosten diese über 10.000 Euro mehr als ein vergleichbarer Multivan oder Golf 8.

Schauen wir ebenso kritisch in unsere Branche: Sind viele Möbel nicht viel zu teuer, selbst bei 44 Prozent Rabatt?

Zumindest bei vielen Männern trägt man am Gesäß den Geldbeutel. Der ist relevant. Für Endkunden, weil ihr Budget begrenzt ist. Für Hersteller und Händler, weil diese Gewinn brauchen. Somit braucht es niedrige Kosten, damit Möbel erschwinglich bleiben und der Betrieb sich rentiert. Personalkosten drücken, im Einkauf härter verhandeln oder aus China zu importieren, das ist zu wenig. Man sollte mehr tun in Industrie und Handel.

Sind die Prozesse schlank genug? Für Branchen-Outsider ist kaum zu verstehen, warum etablierte Marken wie Gutmann (die Dunsthauben) oder Alno pleitegingen. Marken-Stärke hatten beide. Okay, Gutmann war nicht so innovativ wie Bora. Aber hatte Alno viel weniger innovative Produkte als Nobilia? Das Problem muss vielleicht doch anderswo liegen. Vielleicht am zu wenig fokussierten Geschäftskonzept. Sicher aber auch an ineffizienten Prozessen und somit zu hohen Kosten. Und an der Führung. Anderswo tut man viel für „schlanke“ Produktion. In Werken von Toyota, Porsche und anderen sah ich die dafür typischen Merkmale, zum Beispiel Andon-Boards. Und bei Möbeln? Dort, wo ich Einblicke in Fertigung und Logistik hatte, nicht.

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