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Die INSIDE-Geschichten des Jahres (1)

Eine Messe als Gemeinschaftsprojekt

29.12.2024 | 18:06
Eine Messe als Gemeinschaftsprojekt: Die Orgatec als gutes Beispiel.

Im aktuellen INSIDE Magazin, dem letzten dieses Jahres, haben wir nochmal auf das Jahr 2024 zurückgeblickt. Wir haben uns entschlossen, auf den klassischen Jahresrückblick zum Möbelmarkt zu verzichten, der gewiss eine Auflistung von Insolvenzen, Personalwechseln, Geschäftsaufgaben und Unternehmensverkäufen geworden wäre. Stattdessen hat jeder INSIDE-Redakteur (und auch die Redakteurin) in einer Geschichte des Jahres aufgeschrieben, was ihn oder sie am meisten beeindruckt hat in diesem Jahr. Und wir haben zusammengetragen, was uns 2024 nachdenklich gemacht hat. Diese Geschichten des Jahres werden wir nach und nach auch online veröffentlichen.

Eine Messe als Gemeinschaftsprojekt: Die Orgatec als gutes Beispiel.

Es ist ja nicht so, dass im Objektgeschäft in diesen Zeiten so richtig was gehen würde. Nein, es ist hart, auch dort. Wenn sie es gut meinen mit ihrem Markt, dann sprechen die Unternehmer im Objektsegment von einer „flachen Marktentwicklung“, wenn sie über das laufende Jahr sprechen. Am Ende schrumpft das Volumen im Officemarkt in diesem Jahr aber auch. Zum Halbjahr 2024 lag das offizielle Minus bei 3 Prozent. Wie sich das zweite Halbjahr nun entwickelt hat, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Der Druck ist jedenfalls auch bei den Office-Leuten groß. Und genau in so einem Jahr musste nun dringend etwas gelingen, was viele genau vor zwei Jahren nicht mehr wirklich für möglich gehalten hätten. Das Revival der Office- Leitmesse Orgatec in Köln.

Fangen wir von hinten an. Nach der Orgatec war die Branche energiegeladen wie lange nicht. Viele Hersteller hatten gezeigt, dass angestaubte Chefmöbel nicht mehr der Weg für die Büros der Zukunft sind. Manch ein Besucher fühlte sich in Köln fast schon wie in Mailand. Dass so was noch passiert in diesem Universum. Allein dafür musste man die neue Orgatec fast lieben. Style und gute Energie (fast) überall, zeitgemäße Konzepte, von digitalen Ideen getriebene Messestände, Kreislaufwirtschaft nicht als Nervthema – ach, die Orgatec fühlte sich an wie eine moderne Messe, obwohl sie groß war und in so großen Messehallen stattfand, die heute oft als Ballast gelten. Die Koelnmesse hatte die Orgatec zusammen mit dem IBA mal wirklich komplett neu gemacht – bis hin zum Catering, in dem plötzlich keine ollen Würschtel und belegte Semmeln für überteuerte Kohle in unappetitlichen Systemgastro-Auslagen herumlagen. Plötzlich gab es Vitamine, Burger, Panini, Salate, gute Kuchen und echten Cappuccino.

Helmut Link, neben dem IBA-Vorsitzenden Joachim Link Interstuhl- Inhaber, strahlte schon auf der Messe übers ganze Gesicht. Er war zu Recht stolz. Nicht nur auf das Orgatec-Revival, sondern auch auf ein Standkonzept, mit dem die digitalen Fragen der Jetztzeit auf einer physischen Messe so fortschrittlich beantwortet wurden, dass bald auch auf der Interzum große Unternehmen Anleihen daran nehmen werden. Direkt neben Interstuhl auf dem Assmann-Stand war Karla Aßmann mit ihrem Team im Dauergespräch. Über die Stände von Sedus, Dauphin oder Wilkhahn schoben sich die Massen. Und selbst wenn die Interiormöbelfraktion mit Zug ins Objektgeschäft – Cor, Kettnaker, Jan Kurtz, Müller Möbelwerkstätten oder Walter Knoll – in ihrer Hybridhalle 5.2 noch nicht rundherum happy war, so war das Andocken an die Orgatec für sie doch der Startschuss für die neuen Interior Design Days, die ab dem kommenden Herbst in Köln stattfinden – und 2026 wieder parallel zur Orgatec den Messeplatz Köln mit Möbeln füllen sollen.

Auch mit ein paar Tagen Abstand bewerten etwa Sedus-Vorstand Daniel Kittner oder Dauphin-Chef Elmar Duffner die Orgatec – getrennt voneinander befragt – als „vollen Erfolg“. Duffner sagt: „Es war nicht nur die Quantität. Es war auch die hohe Qualität der Besucher, die wir auswerten durften, und die uns darin bestätigt, dass wir die neue Orgatec mit viel Energie angegangen sind.“ Dauphin hatte mit seinem Messemotto „Wonderworld“ den ausgerufenen Festival-Charakter aufgegriffen. Dass das Gensler Research Institut in der großen Studie „Global Workplace 2024“ ermittelt hatte, dass die meisten Menschen sich das Büro der Zukunft wie ein Café, am besten in einem Boutique Hotel, vorstellen, war dann nicht nur für Dauphin die Bestätigung dafür, dass man sich in den vergangenen Jahren konzeptionell und im Produkt bestens weiterentwickelt hat. Dauphin fährt mit dieser Erkenntnis auch in diesem Jahr gut und wächst, nach eigenen Angaben, um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr in der Gruppe auf nun 120 Mio Euro. Dynamik passt auch zu Aßmanns, die heute viel mehr sind als Kastenmöbelhersteller, und ihrer komplett neuartigen Zusammenarbeit mit Westwing (INSIDE 1194). Dynamik und Vision steht auch für die Topstar-Familie Wagner und ihre kraftvolle Wagner-Living-Kreativschmiede. Bei Sedus etwa hatte man auf der Orgatec die „young executives“ im Visier. Und auch wenn nach Jahren des rasanten Wachstums (Sedus hat seit 2020 um 30 Prozent zugelegt) im Sommer 2024 ein harter Kostenstopp in Dogern verordnet wurde, so bleibt für Sedus-Chef Kittner zum Ausklang des Jahres der Lichtblick Orgatec doch sehr präsent. Kittner: „Wir haben alle zusammen viel Energie in die neue Orgatec gesteckt. Das war ein Gemeinschaftsprojekt zusammen mit der Koelnmesse. Der Branche gibt das hoffentlich Rückenwind.“

Simon Feldmer

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