Premium auf die eigene Art
Vordenker, Strategen, Kreative: Die Chancen im Premiumsegment (6): Sudbrock

Mit seinen designorientierten Kastenmöbeln ist Sudbrock einer der Hidden Champions der Möbelindustrie, keine Marke, aber aus dem Premiumgeschäft nicht mehr wegzudenken. Kurz vor dem 100. Jubiläum waren wir zu Besuch.
Rietberg-Bokel, Sudeschweg 1. Begrüßung in der verglasten Eingangshalle. Das Team von Sudbrock hat Ende Mai Journalisten zu Gast. Den Tross hat der VDM „angeschleppt“, zur Tour durchs Möbelland OWL. Volles Haus also. Direkt im Eingangsbereich ist eine sieben Meter hohe, mächtige Roseneiche im Boden eingelassen. Vom Baum bis zum Möbel, auf diese Formel bringt es Sudbrock gerne selbst (INSIDE 1000). Die Inhaber Johannes und Theres Sudbrock, Betriebsleiter Wilfried Rottjakob, Export-Chef Matthias Niers und Geschäftsführer Manfred Bühlmeyer begrüßen die Presse. Im 100. Jahr des Bestehens öffnet Sudbrock seine Tore noch ein paar Mal: etwa beim 25. Mitarbeiterfest oder dem Tag der offenen Tür während der Möbelmeile im September. Hinzu kommen die Schulungen und Händlertage. Denn geradezu technisch perfekte, ideenreiche Kastenmöbel, da ist Sudbrock eine gute Adresse. Keine der klassischen Premiummarken, aber einer der wichtigen Lieferanten.
Etwa 120 Mitarbeiter sind bei Sudbrock beschäftigt. Der Jüngste ist 20 Jahre alt. Inhaber Johannes Sudbrock gehört mit 60 zu den Ältesten in der Firma. Hier arbeitet manchmal schon die zweite Generation mit, es gibt einige Leute, die schon vier Jahrzehnte hier beschäftigt sind. Ob in der Verwaltung oder der etwa 12.000 qm großen Produktion, durch die Betriebsleiter Rottjakob die Gruppe nachher führen wird, die Bindung ans Unternehmen ist groß. Und natürlich an den Standort. „Regionalität hat uns wahnsinnig geholfen, gut durch die Pandemie zu kommen“, sagt Sudbrock. Umsatzzahlen nennt er keine. Nur so viel: „In den letzten zehn, fünfzehn Jahren waren wir auf dem steigenden Ast.“
„Jeden Morgen steht es 0:0“
In dem Familienbetrieb, in dem er in den 1990ern als junger Wirtschaftsingenieur als dritte Generation die Verantwortung übernahm, soll es auch weiterhin „Wachstum mit Augenmaß“ geben. Etwa 10 Prozent der Umsätze erwirtschaftet Sudbrock im Export. Die Möbel gehen nach Österreich, in die Benelux-Länder, die Schweiz, auf die spanischen Balearen, nach Italien und nach China. Gerade erst hatte man in Russland einen Wiederverkäufer gefunden und erste Geschäfte angebahnt; dann kam der Krieg. Aber, Johannes Sudbrocks Motto lautet: „Jeden Morgen steht es 0:0.“ Dabei scheint er ebenso kämpferisch wie optimistisch zu sein. „Für 2022/2023 sehe ich positive Signale und blicke recht zuverlässig in die Zukunft.“ Sowas hört man derzeit eher selten. Das entgangene Russland-Geschäft wollen sie natürlich kompensieren in Bokel.
Exportleiter Matthias Niers wird sicherlich schon nach neuen Partnern auf ausländischen Märkten schauen. Generell setzt der Hersteller auf langhaltende Beziehungen zu anderen mittelständischen Partnern. Die lassen sich natürlich nicht mal eben so knüpfen. In Deutschland gehören etwa 300 Händler zum Netzwerk. Garderoben aus Bokel finden sich im Fachhandel und auch auf der Großfläche, bei Höffner, Segmüller oder XXXLutz und anderen.
In der Führung des Unternehmens ist seit gut zwei Jahren Manfred Bühlmeyer (56) als Geschäftsführer mit an Bord. Denn Johannes Sudbrock hat ALS und ist inzwischen oft auf den Rollstuhl angewiesen. An Hobbys wie Golf oder Fußball – bei der TSG Bokel spielte er früher als Mittelstürmer – ist in dieser Form nicht mehr zu denken. Aber die Familie geht offen mit dem Thema um. Einerseits, weil noch immer viele Menschen diese degenerative und nicht heilbare Erkrankung nicht kennen – sicherlich aber auch, um zu signalisieren: Wir sind weiter hier aktiv, dies ist und bleibt ein Familienbetrieb. Ehefrau Theres (50) ist in der Geschäftsführung weiter fürs Design und Marketing zuständig. Das Paar hat zwei Töchter und würde gerne zukünftig an die vierte Generation übergeben. Während die 22-jährige Maria sich für Tiermedizin entschieden hat, beginnt im August ihre jüngere Schwester Eva mit einer Tischler-Lehre. Könnte also gut sein, dass die heute 19-Jährige später im elterlichen Betrieb einsteigt. Einen Staplerschein hat sie kürzlich schon gemacht.
Im Furnierlager und auf den Bändern ist überall Holz zu sehen. Alle möglichen Sorten und Qualitäten. Neben Eiche auch vermehrt Kernbuche. Allein 238 verschiedene Platten-Typen werden vorgehalten. Das Holz besorgen sich Sudbrocks jeden Winter auf die klassische Art: bei Submissionen, also durch schriftliche Gebote, oder bei den klassischen Versteigerungen in Nottuln bei Münster. Kürzlich, im Juni, ging es mal wieder nach Steinhagen, um Bäume beim Förster zu begutachten. Durch die Ausschaltung des Zwischenhandels kann die Firma geschickt einkaufen. „Aber, auch bei den Versteigerungen hat das Preisniveau angezogen“, sagt Sudbrock. Bei den gestiegenen Energiepreisen ist man in Bokel entspannter. „Wir sind im Prinzip energieautark“, sagt Betriebsleiter Rottjakob. Unter anderem ist ein Blockheizkraftwerk im Einsatz. Möglichst nachhaltig produzieren, das ist in der Firma, deren Inhaberfamilie gerne zur Jagd geht – „kein Hobby, eine Passion“, so Johannes Sudbrock –, schon fast selbstverständlich. Man setzt auf Tradition und moderne Entwürfe zugleich.
Am 24. Juni wird erst einmal gefeiert. Am Johannistag vor 100 Jahren hatten Johannes und Therese Sudbrock die Firma gegründet, zwei Tage nach ihrer Hochzeit. Ihre Nachfolger mit den so ähnlichen beziehungsweise gleichen Vornamen werden dann mit geladenen Gästen auf Vergangenes, Gegenwart und auch auf die Zukunft der Firma anstoßen. Einen Tag drauf wird mit Mitarbeitern, Ruheständlern und deren Partnern der runde Firmengeburtstag gefeiert – da bleiben Ausstellung und Sonderverkauf mal geschlossen, bevor es wieder weitergeht, in den Geschäfts- und Arbeitsalltag.
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