Der Kampf um die Marktplätze
Ein Kommentar zum Jahresstart
Der letzte große Knaller ist dann ausgeblieben. Und damit meine ich nicht das Feuerwerk, das zum Jahreswechsel nur auf Sparflamme gezündet wurde. Nach den letzten großen Deals des Jahres, also nach der Meldung, dass Home24 Butlers übernimmt und XXXLutz den Marktplatz moebel.de, sollte eigentlich noch eine Bombe platzen. Hörte man zwischen den Jahren jedenfalls immer wieder. Es platzte aber keine. Hat auch so gereicht in 2021.
2021 kann man wohl am besten mit den Worten von Kare-Inhaber Peter Schönhofen zusammenfassen. Der sagte letzte Woche etwas außer Atem zu mir, auf die Frage, wie er 2021 sehe: „Viel Ärger, viel Arbeit, aber am Ende war es ein gutes Jahr.“
Das werden viele unterschreiben. Auch wenn Holz und Schaum und Stahl Albträume beherrschten und die Versorgungslage eigentlich alle um den Schlaf brachte: Es war am Ende ein gutes Möbeljahr. Und natürlich wieder ein Ausnahme-Küchenjahr. Die Leute legen weiter besonderes Augenmerk aufs Wohnen. Wer den richtigen Ton trifft, wer die richtigen Produkte auf den richtigen Kanälen anbietet und wer Digitalisierung und die sich wandelnden Einkaufsmuster als Chance begreift, der hat 2021 nicht selten Rekordumsätze gemacht, wenn auch keine Rekordergebnisse. Aber schlimmer als knappe Margen wäre sicher, wenn die Kunden Möbel- und Küchen-Kaufen so richtig doof fänden. Das Gegenteil ist der Fall. Und liest man die vielen Meldungen dazu, wie viel Geld nicht nur die Deutschen bislang in der Pandemie auf die hohe Kante gelegt haben, dann muss man sich wohl auch um 2022 nicht so die ganz großen Sorgen machen (wenn man die letzten Möbelwochen im Handel mal ausklammert). Die Deutschen sparen weiter so viel wie nie. Sie werden auch trotz der allgemeinen Preissteigerungen erstmal Geld überhaben – und wenn‘s nicht ganz blöd kommt, davon einiges ausgeben wollen.
Auch wenn Omikron das Land vielleicht nicht komplett lahmlegt in den nächsten Wochen und keiner weiß, ob die ersehnte Endemie 2022 wirklich unsere Stimmungslage prägen wird, so bleibt das Thema Wohnen garantiert weiter ganz oben auf der Liste der Menschen. Ein E-Bike gekauft hat nun jeder, der eins wollte. Restaurants, Konzerte, Kulturveranstaltungen: Die Menschen werden erstmal weiter weniger für diese schönen Dinge und Küste ausgeben. Und Fern- oder Kreuzfahrtreisen werden nie wieder so normal werden, wie sie es mal waren. Im Langstreckenflieger fliegt zu allem Überfluss ja auch noch der üble CO2-Fußabdruck mit, wie heute wirklich jeder weiß. Möbel und Küchen wiederum sind Investitionsgüter, die man sich ab einem bestimmten Qualitätslevel oft ohne schlechtes Gewissen gönnen kann.
Die grundsätzliche Perspektive ist für unsere Branche im neuen Jahr gut. Durch die große Unordnung im System (gesprengte Lieferketten, Versorgung, Preise, Logistikstress und -kosten) ist im neuen Jahr allerdings wieder viel Ärger vorprogrammiert. Es wird anstrengend. Aber der Markt hat das Potenzial, erneut zu wachsen. Und das nicht nur wegen höherer Verkaufsbons.
Spannend wird sein, was in diesem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ausnahmezustand an Umwälzungen auf den Markt zukommt. Schaut man sich nochmal die großen Themen im vierten Quartal an, muss man auch 2022 wohl wirklich mit allem rechnen. Wer hätte noch im letzten Sommer für möglich gehalten, dass Familie Krieger die Marke Alno kauft, dass Ikea dank extremer Investments in E-Commerce in den vergangenen zwei Jahren nun um über 100 Prozent wachsen kann im Onlinegeschäft, dass Butlers-Gründer Wilhelm Josten Home24-Mitarbeiter wird und das Rocket-Internet-Möbelhaus zehn Jahre nach der Umbenennung von Möbelprofi in Home24 mal wieder zumindest etwas die Fantasie der Investoren anregt – oder eben, dass Familie Seifert bei der Möbelsuchmaschine moebel.de ProSiebenSat.1 und Robert Kabs ablöst. Der Kampf um die Marktplätze – nicht nur um die Geschäfte auf Ebay, Otto, Amazon, Google-Shopping – im Trendmarkt Möbel, er wird 2022 weiter an Fahrt aufnehmen. Die Arbeit auf den regionalen Marktplätze der geschickten und gewieften Local Heroes vor Ort wird dabei auf jeden Fall im Fokus stehen. Es wird viel zu berichten geben. Und viel zu besprechen auf dem nächsten Gipfel.
Einen guten Start ins neue Jahr!
Ihr Outsider Simon Feldmer